Das Kabarett-Lexikon, Folge 3: Die Kontamination

Ein beliebtes und besonders kunstvolles Stilmittel der Satire ist die Kontamination, auch Zusammenziehung genannt. Ein Exempel:

Putin hat zwar sein Flaggschiff „Moskwa“ im Schwarzen Meer verloren, aber jetzt kämpft eine waschechte Fregatte an seiner Seite:

In diesem Fall sogar eine Suffregatte.

Bei der Kontamination wird mit allerhand Assoziationen verschiedener Sphären gearbeitet, die der Kabarettist und sein Publikum abrufen können.

Zunächst wird eine für Kriegsschiffe übliche Bezeichnung klassisch auf eine Frau ausgeweitet, die gegen jene hetzt, die einem befreundeten Land in Not mit der Lieferung von Waffen helfen wollen. Die Bezeichnung „Fregatte“ passt somit zu der militärischen Sphäre (d. h. Thema), derentwegen Alice Schwarzer in die Kritik geriet. Sie selbst verhält sich dabei so aggressiv und vernichtend, dass die Assoziation zum Kriegsgerät nicht fern liegt.

Die Kontamination entsteht aber erst durch eine Zusammenziehung mit einem anderen Wort, das ebenfalls assoziativ „an­g edockt“ werden kann: Suffragette. Zwar wird dieser Begriff (vom lateinischen suffragium – Wahlrecht) heute nicht mehr für Frauenrechtlerinnen gebraucht. Dennoch lässt sich gedanklich fast ohne Brücke von der Sphäre „Alice Schwarzer“ auf „Suffragette“ kommen. Wie durch Zauberhand verschmelzen nun die beiden Zuschreibungen, und letztlich kommen sogar alle beteiligten Buchstaben zur Geltung, es müssen lediglich zwei von ihnen vertauscht werden, um das neue Wort zu schöpfen.

Textfeld: AnhangSchwarzer wurde exemplarisch aus einer Gruppe herausgegriffen, die für ihre „offenen Briefe“ berüchtigt ist. Zwar hätte man auch einen männlichen Vertreter dieser putinfreundlichen „Denkschule“ nennen können, aber für Richard David Precht, Harald Welzer oder Klaus von Dohnanyi wäre „Fregatte“ keine Assoziation. Sie könnte man eher als „Klugabwehrraketen“ bezeichnen, ebenfalls eine Kontamination. Hierbei werden die Wörter „klug“ (welches aus der Sphäre der Intellektuellen stammt) und „Flugabwehrrakete“ (aus der militärischen Sphä­re, die ebenfalls zum Thema passt) fast so geschickt kontaminiert wie oben; es wird lediglich ein F zum K.

Um die Männerquote bei Wortspielen nun vollends zu erfüllen, sei noch folgender Gag angefügt:

Christian Lindner, der Vize-Vize-Kanzler, wurde bereits von Helge Schneider besungen: im Lied „Vize-Vize-Fatzke“.

Zwar schrieb der Barde seinen dadaistischen Liedtext nicht mit V, sondern „Fitze fitze fatze“, doch macht dies phonetisch (oder fonetisch?) keinen Unterschied, weshalb für die Kontamination mit dem Wort „Fatzke“, das zumindest gelegentlich mit der Sphäre des Ministers assoziiert wird, lediglich das Einfügen des Buchstaben k nötig ist. Merke: Je kürzer der Weg der zwei kontaminierten Begriffe zueinander, desto besser die Kontamination.