Das Kabarett-Lexikon, Folge 2: Der Oneliner

Die kürzestmöglichen Gags sind meist Oneliner. Wie der Name sagt, wird das Geschehen auf eine „Linie“ redu­ziert. Man kann den Oneliner als eine Art Gleichung sehen: Benötigt werden ein Anlass für den Gag, also ein aktuelles Ereignis, eine Tatsache oder Aussage. Dazu kennen Sender und Empfänger eine bestimmte Hintergrundinforma­tion. Diese ist Bestandteil der Allgemeinbildung oder eine gängige Assoziation mit dem Thema oder einem Detail. Man könnte also die Gleichung aufstellen:

Ereignis/Aussage + (Vorwissen/Assoziation) → Gag

Vorwissen/Assoziation sind in Klammern gesetzt, weil sie nur mitgedacht, nicht erzählt werden. Somit besteht der Gag nur aus zwei Sätzen. Etwa dieser:

Elon Musk hat den Papst besucht. Schön, dass er auch mal seinen Stellvertreter trifft!

Das Ereignis ist hier eine Meldung aus dem Bereich „Vermisch­tes“, nämlich dass Elon Musk den Papst getroffen habe.

Dazu wissen die Zuschauer, dass Musk ein recht geräumiges Ego hat und die Menschheit gern seiner technischen und wirt­schaftlichen Visionen teilhaftig werden lässt.

Eine weitere Information, die sofort abgerufen werden kann, ist, dass der Papst sich als Stellvertreter Gottes begreift.

Daraus kann der Gag folgen, dass der Papstgast sich als Gott sieht (und dadurch für den Gag zum solchen wird) und der Papst ihn deshalb zum Chef hat.