Folge 240: Monatsrückblick November 2022

Tilman Lucke
Gestochen scharf – die Zungenspitzer-Kolumne, 16. Dezember 2022

Die Evangelen gehen beim Tempolimit voran – oder eher nicht. Die Bahn will für Pünktlichkeit sorgen – in Ägypten. Und inzwischen kommen im islamischen Himmel auf eine Jungfrau 72 Terroristen. Die verrücktesten Meldungen aus dem November.

8. November: In den USA werden unter anderem ein neuer Kongress und die staatlichen Parlamente gewählt. In Pennsylvania wird ein Toter in den dortigen Kongress gewählt. Das ist den USA nicht fremd, schließlich ist ihnen bei der letzten Präsidentschaftswahl etwas sehr ähnliches passiert. Bundesweit steht nach vier Tagen Auszählung fest, dass die Demokraten die Mehrheit im Senat behalten. Damit sind die Senatoren noch flink ermittelt: Die Mehrheit im Repräsentantenhaus steht erst weitere vier Tage später fest, dort für die Republikaner. Am 12. Dezember steht schließlich der letzte Sitz fest. Die Stadt Berlin plant die Entsendung von Wahlbeobachtern in die USA, um zu lernen, wie eine so schnelle Auszählung möglich gemacht werden kann.

8. November: Die Deutsche Bahn schließt mit Ägypten einen Vertrag über den Bau eines Hochgeschwindigkeitsnetzes. Eine gute Idee, schnelle Züge erst mal im Ausland auszuprobieren, bevor das Konzept der Pünktlichkeit in einigen Jahrzehnten in Deutschland zugelassen werden kann.

9. November: Die evangelische Kirche geht mal wieder voran – oder besser: nicht voran. Das Kirchenparlament beschließt ein Tempolimit für Dienstfahrten von 100 km/h auf Autobahnen und von 80 km/h auf Landstraßen. Das ist nur konsequent: Christen glauben ja auch an einen Gott, den es nicht gibt. Warum sollten sie sich nicht auch an Regeln halten, die es nicht gibt? Menschen, die sich an strengere Regeln halten als andere, sind bekanntlich bessere Menschen, dieses Prinzip kennt man aus der Corona-Krise. Und je langsamer man fährt, desto besserer Christ ist man. Deshalb stehen die Zeugen Jehovas ihr ganzes Leben ausschließlich herum.

10. November: Silbernes Jubiläum! Zum 25. Mal innerhalb von fünf Jahren wird ein AfD-Kandidat nicht zum Bundestagsvizepräsidenten gewählt. Dazu kommt eine Premiere: Stephan Protschka bekommt so wenige Stimmen wie kein Kandidatenversuch vor ihm, nämlich gerade mal so viele, wie die AfD Mandate hat. Wir gratulieren! Nicht.

10. November: Frauen in Afghanistan dürfen keine Vergnügungsparks mehr betreten. Die gute Nachricht: Es gibt Vergnügungsparks in Afghanistan!

10. November: Putin-Propagandistin Gabriele Krone-Schmalz verklagt eine Kritikerin, die sie als Putin-Propagandistin bezeichnet hatte. Um erfolgreich gegen diese Anschuldigung vorzugehen, muss sie jetzt nur noch schaffen, dass Moskau zum Gerichtsstand wird.

14. November: Frank Plasberg moderiert seine letzte Sendung „Hart aber fair“. Im Januar soll ein kompletter Relaunch der Sendung folgen. So radikal, den Sendungstitel korrekt zu schreiben und mit einem Komma zu versehen, ist ARD-Chef Tom Buhrow aber dann doch nicht.

15. November: Im polnischen Grenzdorf Przewodów schlägt eine Rakete ein. Przewodów gehört bekanntlich zur Gemeinde Dołhobyczów im Landkreis Hrubieszów und richtet die jährliche Scrabble-Weltmeisterschaft aus. Erste Vermutungen, Wladimir Putin hätte den Ortsnamen nicht aussprechen können und sei darüber etwas zu wütend geworden, erweisen sich als falsch. Es war eine fehlgeleitete ukrainische Flugabwehrrakete. Dies hätte schon direkt nach dem Einschlag klar sein können: Wenn Putin es nämlich gewesen wäre, hätte er unmittelbar darauf erklärt, die Ukraine sei schuld.

18. November: Die Konferenz für Maß und Gewicht in Versailles einigt sich auf die Einführung neuer Vorsilben für Mengenangaben: Unter anderem steht „quetta“ nun für die 30. Zehnerpotenz, also eine Quinquillion. Olaf Scholz gefällt das, denn endlich kann er im Haushaltsplan seinen nächsten Doppelwumms beziffern.

20. November: Am Totensonntag beginnt die Fußball-WM in Katar. Verwirrend sind in diesem Jahr die Spielregeln: Regenbögen sind verboten, selbst wenn sie gar nicht wie ein Regenbogen aussehen. Wenn auf dem Spielfeld geköpft wird, ist zunächst nicht klar, ob ein Tor gefallen ist oder jemand vom Platz gestellt wurde. Vorsicht auch beim Handspiel: Da geht’s manchmal ab. Genauer: Die geht manchmal ab. Und dann geht sie einem ab. Passenderweise hat das WM-Maskottchen bereits weder Hand noch Fuß.

21. November: Das großspurig für Januar angekündigte 49-Euro-Ticket passt sich den Gepflogenheiten der Deutschen Bahn an und verspätet sich auf April. Voraussichtlich. Erstmals kommen nicht nur die Züge und Fahrgäste, sondern auch die Tickets zu spät.

23. November: Der abgewählte brasilianische Präsident Jair Bolsonaro muss eine weitere Niederlage einstecken: Das Oberste Wahlgericht lehnt seinen Einspruch gegen die Wahl ab. Wegen der „böswilligen und unverantwortlichen“ Klage, für die man keinerlei Beweise vorgelegt habe, verurteilt das Gericht Bolsonaros Partei zusätzlich zu 4,1 Millionen Euro Strafe.

30. November: Der Chef des „Islamischen Staates“ stirbt eines natürlichen Todes: Er wird im Kampf getötet. Bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr. Wie macht der das nur? – Obwohl die IS-Bosse eine relativ kurze Halbwertszeit haben, scheinen sie ziemlich verstrahlt zu sein. Nach Berechnungen kommen im angeblichen Himmel inzwischen auf eine Jungfrau 72 Terroristen.

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